Die letzten neunzehn Jahre hatte der Jazz in der Semperoper eine Heimstatt – und lockte mehrmals pro Jahr viele Studenten und TU-Mitarbeiter an, die das heilige Opernrund sonst selten oder gar nicht besuchten.
Drei thematische »Säulen«, so schildert es der Organisator Matthias Creutziger, hatte die Reihe: die »Jazz Late Night«, zu der Studentenbands aus Dresden, Leipzig und Weimar im Foyer der Oper aufspielten. »Jazz Specials«, bei denen ungewöhnliche Facetten des Genres beleuchtet wurden, etwa Jazz und Tanz sich befruchteten oder die Musik mit Videoprojektionen gekoppelt war. Und die »Jazz-Gala«: hier traten die großen Namen des traditionellen Jazz im Opernrund auf. Herbie Hancock, David Murray, Ron Carter – die Stars kamen nach Dresden und trugen die gute Stimmung der Konzerte, den Ruf des Hauses fortan in die Welt. Nun aber hat die Intendantin der Oper, Ulrike Hessler, das Ende der Reihe bekanntgegeben.
Beim Überbringen der schlechten Nachricht am 28. Februar 2012 vor der Presse war der Intendantin ihr Bedauern anzusehen. »Die Reihe einzustellen, ist eine sehr unpopuläre Entscheidung, über die ich persönlich traurig bin«, sagte Hessler Ende Februar. Der Jazz sei für ihr Haus eigentlich eine unverzichtbare Farbe; man habe deshalb lange gerungen, sich aber dann entschieden, den eigenen Produktionen die Priorität einzuräumen. »Unsere eigenen Probenbedingungen sind unzumutbar, und ich schäme mich dafür. Wir können beispielsweise Gastdirigenten keine ausreichenden Bedingungen bieten«, begründete die Intendantin ihren Schritt. Dass man sich nun vom Jazz trenne, habe also ausschließlich logistische Gründe, keine finanziellen – »ansonsten dürften wir doch auch nicht ›Lulu‹ spielen …«
Seit 2003 sind die TU Dresden und die Staatsoper durch einen Kooperationsvertrag miteinander verbunden. Ein Punkt betrifft die Hilfe der TUD bei der Ausrichtung der Reihe »Jazz in der Semperoper«. Ulrike Hessler: »Wir werden uns neue Felder der Zusammenarbeit suchen.«
Martin Morgenstern
Ende – vorerst?
Eine Ära ist zu Ende. – Vorerst? Nach neunzehn Jahren kommt das Aus für die Konzertreihe »Jazz in der Semperoper«. Klar, dass die Durchökonomisierung der Musikkultur zuerst die Schwächeren trifft. Klar, die Semperoper bekommt Geld des Steuerzahlers und Sponsorenbeiträge für die Pflege der Opernkultur, nicht für die Durchführung von Jazzkonzerten. Tragisch ist das Ende der Reihe trotzdem, denn es gibt in der Region Dresden keinen weiteren Veranstalter, der diese Jazz-Weltstars auf eine Dresdner Bühne holen könnte. Die Entscheidung der Oper reißt eine durch andere nicht schließbare Lücke in Dresdens Kulturlandschaft.
Sollte die Andeutung zum Pressegespräch ernst gemeint sein, das in späteren Spielzeiten der Jazz auf die Semperoper-Bühne zurückkehren könnte, muss man jetzt schon mit den Vorbereitungen beginnen.
M. B.
(erstveröffentlicht im Dresdner Universitätsjournal 5/2012, 13. März 2012)
PS.: Lesen Sie zur Diskussion, ob das Aus nach 19 oder nach 20 Jahren kam, hier.
Freitag, 23. März 2012
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