Freitag, 26. September 2008

Die Klänge Amerikas

Grammy-Preisträger Herbie Hancock kommt am 7. Oktober in die Dresdner Semperoper


Herbie Hancock ist der vielleicht berühmteste Jazzpianist und -Keyboarder der letzten vierzig Jahre überhaupt, zumindest, wenn es um das Gebiet des Modern Jazz, des Jazzrock und des Fusion Jazz geht. Spätestens Hancocks Mitgliedschaft im Quintett von Miles Davis von 1963 bis 1968 machte den Musiker weltberühmt, der seither zahllose bestverkaufte Schallplatten unter eigenem Namen herausgab, Jazz-Superhits wie „Cantaloupe Island“, „Rock it“, „Chameleon“ und „Watermelon Man“, aber auch weltumspannende Werbemusik (z. B. für Chevrolet, Standard Oil oder Eastern Airlines) sowie anspruchsvolle Filmmusik (z. B. für Antonionis berühmten Film „Blow Up“, 1966) schuf.
Noch in den sechziger Jahren galt Hancock als das pianistische Alter Ego von Miles Davis innerhalb des zweiten Quintetts des Trompeters, in dem damals außerdem noch Wayne Shorter, Ron Carter und Tony Williams musizierten. 1968 verließen Hancock und Ron Carter diese Davis-Band und wurden durch Chick Corea und Dave Holland ersetzt. Während sich Miles der Entwicklung einer eher vom modalen Jazz geprägten, hochdifferenzierten Fusion aus Jazz und Rock zuwandte („In A Silent Way“, mit Hancock als Gast), „Bitches Brew“), machte sich Herbie Hancock zunächst als Komponist selbstständig, gründete schließlich 1973 seine Pop- und Funk-beeinflusste Band Headhunters, mit der er die gleichnamige LP einspielte, eines der kommerziell erfolgreichsten Alben der Jazzgeschichte überhaupt.
Hancock, der nach eigenen Aussagen sehr auf die Funk-Music von Sly and the Family Stone stand, prägte seither stets die im Vergleich zu Davis mehr Hit- und Pop-orientierte, funky Variante einer Fusion von Jazz und Rock. Nicht von Ungefähr gipfelten diese künstlerischen Aktivitäten 1983 in einem Grammy für die weltweit erfolgreiche Hit-Single (!) „Rock it“, eine für einen Jazzmusiker außerordentlich bemerkenswerte Auszeichnung. Mitte der siebziger Jahre bereits hatte Hancock die Mitglieder des zweiten Miles-Davis-Quintetts – aber mit Freddie Hubbard anstelle von Davis – zusammengerufen; als lose Gruppe spielten diese Musiker unter dem Namen „V.S.O.P.“ bis zum Ende der Achtziger mehrere Platten ein, gaben umjubelte Konzerte und verdeutlichten, dass Hancock auch wieder im „akustischen“ Bandkontext künstlerischen sowie kommerziellen Erfolg hat.
Nach Filmaufnahmen 1986 sowie verschiedenen akustischen Projekten in den neunziger Jahren („A Tribute to Miles“, „1+1“ im Duo mit Wayne Shorter gewinnt Hancock schließlich 2008 für die CD „River: The Joni Letters“, einer Hommage an Joni Mitchell, sogar zwei (!) Grammys – als „Bestes Jazz Album“ und sogar als „Bestes Album des Jahres“. In seiner Musik flammen verschiedene Farben auf, von Modern Jazz über Filmmusik, Funk und Rock, von Balladen und country-ähnlichen Songs bis zu Folk. Eine individuelle Melange, die die vielfältigen Klänge Amerikas in sich birgt.Nach Dresden in die Semperoper kommt Hancock in folgender Besetzung:Herbie Hancock (p); Terence Blanchard (tp); James Genus (b); Lionel Loueke (g); Gregoire Maret (Mundharmonika); Kendrick Scott (dr).


Mathias Bäumel

Freitag, 29. August 2008

Rückblick: Frenetischer Beifall für Charles Lloyd

Zum Late Night Jazz am 27. August 2008 in der Dresdner Semperoper gab es für das Charles Lloyd Sangam Trio frenetischen Beifall; der Altmeister musste mit seinen beiden Mitstreitern Zakir Hussain und Eric Harland zwei Zugaben spielen.

Eine ausführliche Rezension zum Auftritt des Charles Lloyd Sangam Trios sowie dem Vor-Konzert von Beat Freisens Spelunkenorchester hat Louisa Reichstetter auf Musik in Dresden veröffentlicht.

Donnerstag, 28. August 2008

Am 7. Oktober 2008 kommt Herbie Hancock mit Band in die Semperoper

Jazz-Legende wird im Herbst das Dresdner Publikum mit Piano-Zauber begeistern

Herbie Hancock. (Foto: JazzEcho)

Herbie Hancock ist der vielleicht berühmteste Jazzpianist und -Keyboarder der letzten vierzig Jahre überhaupt, zumindest, wenn es um das Gebiet des Modern Jazz, des Jazzrock und des Fusion Jazz geht. Spätestens Hancocks Mitgliedschaft im Quintett von Miles Davis von 1963 bis 1968 machte den Musiker weltberühmt, der seither zahllose bestverkaufte Schallplatten unter eigenem Namen herausgab, Jazz-Superhits wie »Cantaloupe Island«, »Rock it« und »Watermelon Man«, aber auch weltumspannende Werbemusik (z. B. für Chevrolet, Standard Oil oder Eastern Airlines) sowie anspruchsvolle Filmmusik (z. B. für Antonionis »Blow Up«) schuf.

Nach Dresden in die Semperoper kommt Hancock in folgender Besetzung:
Herbie Hancock (p); Terence Blanchard (tp); James Genus (b); Lionel Loueke (g); Gregoire Maret (Mundharmonika); Kendrick Scott (dr).

Kartenvorverkauf über die Semperoper und die üblichen Vorverkaufskassen.

Montag, 25. August 2008

Am 27. August konzertieren neben dem Star Charles Lloyd auch junge deutsche Jazzer

Zum Late Night Jazz in der Semperoper spielt in den Foyers der Jazznachwuchs auf


Beat Freisens Spelunkenorchester. (Foto: PR)

Mit Charles Lloyd kommt der – neben Ornette Coleman – vielleicht bedeutendste lebende Saxofonist des zeitgenössischen Jazz in die Semperoper: Am 27. August (21 Uhr) ist er mit seiner Band der Stargast beim »Late Night Jazz«.
Doch »Late Night Jazz« heißt auch immer, Jazznachwuchs aus Sachsen – meist aus Dresden, Leipzig und Weimar – in Aktion zu erleben. Nachwuchsbands in den Etagen der Oper und im Eingangsfoyer sowie als Vorband vor dem Haupt-Act auf der Bühne. Ein großes Jazzereignis also, nicht »nur« ein Einzelkonzert.
Wenn man auf unverfälschten und energetischen Jazz steht, dann liegt man bei der Jupp Geyer Band aus Weimar absolut richtig. In den überwiegend eigenen Kompositionen verbindet das Ensemble (Geyer arbeitet in einem Trio ebenso wie in einem Quintett) arrangierte Strukturen mit großem Raum für freie, individuelle Improvisation. Lyrische, fast sangliche Momente treffen auf mitreißende Grooves. Auch das Trio um Hannes Daerr stammt aus Weimar. Schon vor einigen Jahren gehörte es – damals noch in anderer Besetzung – zur Thüringer Subkultur. Nun, mit zwei Berliner Freunden, verfolgt es weiter die Spur des klassischen Saxofontrios mit Kontrabass und Drums. Eine Besetzung, die durch ihren harmonischen Freiraum die musikalischen Elemente Energie, Rhythmus und Kontrapunkt in den Fokus stellt. Aus Leipzig werden die Jungs des FFW Trios anreisen. Diese Band ist stets auf der Suche nach einem besonderen Trio-Sound. Dabei stehen eigene Kompositionen im Vordergrund. Der bewusste Verzicht auf ein Harmonieinstrument eröffnet den Musikern immer wieder andere Möglichkeiten, die eigenen Stücke tonal neu zu erschließen. Dabei entstehen Jazzimprovisationen, die Zuhörer und Künstler gleichermaßen überraschen.
Der junge, hochtalentierte, aus der Region Dresden stammende Saxofonist Johannes Schleiermacher hat ein Ensemble zusammengestellt, das – mit dem Schwerpunkt der Saxofonliteratur – die eintreffenden Gäste im Eingangsfoyer musikalisch begrüßt.
Das Beat Freisen Spelunkenorchester – auf der Hauptbühne als Vorband von Charles Lloyd auftretend – wurde 2006 in Leipzig gegründet. Es vereinigt ein klassisches Streichquartett und ein Jazz-Piano-Trio. Das Spelunkenorchester spielt eigene Kompositionen, die aus den Möglichkeiten der beiden Klangkörper schöpfen und in deren Verbindung ihre Sprache formen. Hier hört man: orchestrale Passagen, Streichquartettpassagen, Gruppenimprovisation, freie Improvisation, Solostellen, Groove, freie Tempi, Cluster, Dreiklänge bis hin zu verzerrten Rock-Riffs. Das Septett nahm äußerst erfolgreich am 16. bundesweiten Jazznachwuchsfestival in Leipzig teil und an den Leipziger Jazztagen teil! Der renommierte Jazzpublizist Dr. Bert Noglik lobt das Spelunkenorchester in den höchsten Tönen. Apropos Töne: Wer bisher schon von Bands oder Projekten wie dem österreichischen »radio.string.quartet« begeistert ist (das Rockmusik kreativ als klassisches Streichensemble interpretiert), der wird von Beat Freisens Spelunkenorchester in den »siebenten Himmel« befördert!
»Late Night Jazz« am 27. August in der Semperoper – Charles Lloyd wird sicher ein einmaliges Erlebnis, aber daneben kann man sich einen akustischen Überblick zumindest über einen Teil des sächsischen Jazznachwuchses verschaffen.
(WWW/PI/mb)

»Late Night Jazz«(27. August 2008, 21 Uhr), Semperoper: Charles Lloyd Sangam (Charles Lloyd, Zakir Hussain, Eric Harland).
Jupp Geyer Band, Hannes Daerr Trio, FFW Trio auf den Gängen der Etagen, Johannes Schleiermacher Ensemble im Eingangsfoyer, Beat Freisens Spelunkenorchester als Vorband auf der Hauptbühne.

Restkarten an der Abendkasse.

Freitag, 22. August 2008

Charles Lloyd kommt in die Semperoper

27. August (21 Uhr), Semperoper, Restkarten in einigen Preiskategorien an der Abendkasse


Charles Lloyd. (Foto: Matthias Creutziger)


«Spirituelle Erleuchtung ist der Sinn des Lebens, der Grund, warum wir hier auf dieser Erde sind. Spiritualität ist immer Grundlage meiner Musik gewesen.» (Charles Lloyd)


Charles Lloyd, geboren 1938, ist eines der letzten ganz großen Phänomene einer Zeit, in der der «Neue Jazz» das Laufen lernte. Immer auf der konsequenten Suche nach dem inneren Klang, emotionaler Stabilität, nach einer Spiritualität in der Musik, hat Lloyds Musik eine Ebene erreicht, die jenseits aller profaner Begrifflichkeiten liegt.

Nach einigen Experimenten mit Gleichgesinnten (Charlie Haden, Paul Bley, Eric Dolphy) schweißte Charles Lloyd eine Band mit dem jungen Pianisten Keith Jarrett, den Bassisten Cecil McBee, Ron McClure und dem Schlagzeuger Jack DeJohnette zusammen - und die wurde durch ihren Auftritt 1966 zum Monterey Jazz Festival über Nacht weltberühmt. Diese Musik (LP „Forest Flower“, Livemitschnitt), eine Mischung aus modernem Jazz und Flower-Power-Beat, avancierte sofort zur musikalischen Kulisse einer ganzen Generation und verkaufte sich - als erste Jazzplatte überhaupt - millionenfach.

Was folgte, waren ununterbrochene, Kräfte zehrende Tourneen und ein Rausch von Erfolg. Sie begründeten den Weltruhm des Saxophonisten: Neben Miles Davis gelang nur Charles Lloyd der Sprung über die Stilgrenzen hinweg.

Ausgebrannt zog er sich 1969 aus dem Musikgeschäft zurück. «Die Einsamkeit rief mich...» (Lloyd)

Urplötzlich besuchte ihn 1980 ein kleinwüchsiger Pianist aus Südfrankreich im Beatnick-Paradies Big Sur. Sein Name: Michel Petrucciani. Mit unvergleichlichem Lebenswillen holte er den in den Wäldern zurückgezogen lebenden Charles Lloyd in die Welt der Musik zurück. Bereits wenige Tage später standen beide gemeinsam in Santa Barbara auf der Bühne, wurden Freunde und tourten jahrelang um die Welt.

Nach einer Krankheit zwischen Leben und Tod, gelang Charles Lloyd ein weiteres Comeback in den 1990ern. Seitdem sind alle Veröffentlichungen seiner Musik intensiv existentielle Annäherungen an den idealen Klang, an den ultimativen Ausdruck - und seine Live-Konzerte sind sensationell.

Mit dem Trio «Sangam», mit Schlagzeuger Eric Harland und Tablaspieler Zakir Hussein, hat Lloyd für sich und für die Musik ein komplett neues Kapitel aufgeschlagen. Reduziert auf die Instrumente Saxophon-Schlagzeug-Perkussion zeigt Charles Lloyd, was die Essenz von Musik sein kann.

Zakir Hussain, geboren 1951 in Bombay, schrieb ebenfalls bewegte Musikgeschichte. In Indien ein Star, wurde er außerhalb des Subkontinents durch John McLaughlin's Gruppe «Shakti» und seine Zusammenarbeit mit George Harrison, Joe Henderson, Van Morrison, Jack Bruce, Tito Puente, Pharoah Sanders und Billy Cobham bekannt. Heute gilt der Grammy-Preisträger weltweit als der wichtigste lebende Tabla-Spieler. Der Dritte im Bunde ist der erst 29jährige, aus Houston/Texas stammende Drummer und Pianist Eric Harland. Er ist derzeit einer der Top-Drummer der US-Jazzszene und wird in einem Atemzug mit den Großen wie Roy Haynes und dem Elvin Jones genannt. Dass er mit Musikern wie McCoy Tyner, Dave Holland, Joe Henderson und Betty Carter bereits gemeinsam auf der Bühne stand, versteht sich so von selbst, denn «He is ... setting the rhythm of jazz's future».(New Times)

In dieser Mischung aus großem samtenem Saxophonton, markant reduzierten Motiven, afroamerikanischer Rhythmik und einem kaum begreifbaren indischen Perkussionskosmos ist «Sangam» in den Bereichen Jazz und ethnische Musik derzeit die vielleicht überzeugendste musikalische Verschmelzung von Raum und Zeit.

Matthias Creutziger

Hörtipp

Charles Lloyd/Zakir Hussain/Eric Harland: Sangam
(ECM/Universal)