Charles Lloyd. (Foto: Matthias Creutziger)
«Spirituelle Erleuchtung ist der Sinn des Lebens, der Grund, warum wir hier auf dieser Erde sind. Spiritualität ist immer Grundlage meiner Musik gewesen.» (Charles Lloyd)
Charles Lloyd, geboren 1938, ist eines der letzten ganz großen Phänomene einer Zeit, in der der «Neue Jazz» das Laufen lernte. Immer auf der konsequenten Suche nach dem inneren Klang, emotionaler Stabilität, nach einer Spiritualität in der Musik, hat Lloyds Musik eine Ebene erreicht, die jenseits aller profaner Begrifflichkeiten liegt.
Nach einigen Experimenten mit Gleichgesinnten (Charlie Haden, Paul Bley, Eric Dolphy) schweißte Charles Lloyd eine Band mit dem jungen Pianisten Keith Jarrett, den Bassisten Cecil McBee, Ron McClure und dem Schlagzeuger Jack DeJohnette zusammen - und die wurde durch ihren Auftritt 1966 zum Monterey Jazz Festival über Nacht weltberühmt. Diese Musik (LP „Forest Flower“, Livemitschnitt), eine Mischung aus modernem Jazz und Flower-Power-Beat, avancierte sofort zur musikalischen Kulisse einer ganzen Generation und verkaufte sich - als erste Jazzplatte überhaupt - millionenfach.
Was folgte, waren ununterbrochene, Kräfte zehrende Tourneen und ein Rausch von Erfolg. Sie begründeten den Weltruhm des Saxophonisten: Neben Miles Davis gelang nur Charles Lloyd der Sprung über die Stilgrenzen hinweg.
Ausgebrannt zog er sich 1969 aus dem Musikgeschäft zurück. «Die Einsamkeit rief mich...» (Lloyd)
Urplötzlich besuchte ihn 1980 ein kleinwüchsiger Pianist aus Südfrankreich im Beatnick-Paradies Big Sur. Sein Name: Michel Petrucciani. Mit unvergleichlichem Lebenswillen holte er den in den Wäldern zurückgezogen lebenden Charles Lloyd in die Welt der Musik zurück. Bereits wenige Tage später standen beide gemeinsam in Santa Barbara auf der Bühne, wurden Freunde und tourten jahrelang um die Welt.
Nach einer Krankheit zwischen Leben und Tod, gelang Charles Lloyd ein weiteres Comeback in den 1990ern. Seitdem sind alle Veröffentlichungen seiner Musik intensiv existentielle Annäherungen an den idealen Klang, an den ultimativen Ausdruck - und seine Live-Konzerte sind sensationell.
Mit dem Trio «Sangam», mit Schlagzeuger Eric Harland und Tablaspieler Zakir Hussein, hat Lloyd für sich und für die Musik ein komplett neues Kapitel aufgeschlagen. Reduziert auf die Instrumente Saxophon-Schlagzeug-Perkussion zeigt Charles Lloyd, was die Essenz von Musik sein kann.
Zakir Hussain, geboren 1951 in Bombay, schrieb ebenfalls bewegte Musikgeschichte. In Indien ein Star, wurde er außerhalb des Subkontinents durch John McLaughlin's Gruppe «Shakti» und seine Zusammenarbeit mit George Harrison, Joe Henderson, Van Morrison, Jack Bruce, Tito Puente, Pharoah Sanders und Billy Cobham bekannt. Heute gilt der Grammy-Preisträger weltweit als der wichtigste lebende Tabla-Spieler. Der Dritte im Bunde ist der erst 29jährige, aus Houston/Texas stammende Drummer und Pianist Eric Harland. Er ist derzeit einer der Top-Drummer der US-Jazzszene und wird in einem Atemzug mit den Großen wie Roy Haynes und dem Elvin Jones genannt. Dass er mit Musikern wie McCoy Tyner, Dave Holland, Joe Henderson und Betty Carter bereits gemeinsam auf der Bühne stand, versteht sich so von selbst, denn «He is ... setting the rhythm of jazz's future».(New Times)
In dieser Mischung aus großem samtenem Saxophonton, markant reduzierten Motiven, afroamerikanischer Rhythmik und einem kaum begreifbaren indischen Perkussionskosmos ist «Sangam» in den Bereichen Jazz und ethnische Musik derzeit die vielleicht überzeugendste musikalische Verschmelzung von Raum und Zeit.
Matthias Creutziger
Hörtipp
Charles Lloyd/Zakir Hussain/Eric Harland: Sangam
(ECM/Universal)
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